Emotionale Erschöpfung und Gereiztheit: Wieso nur schreie ich mein Kind an?
Es gibt diese Momente, in denen ich mich selbst nicht wiedererkenne. Ich höre mich scharf reagieren, obwohl ich das gar nicht will. Ich spüre, wie die Ungeduld schneller kommt als früher. Manchmal reicht ein kleiner Auslöser (ein umgeworfener Becher mit Saft, ein Streit zwischen den Kindern, eine Frage zu viel), und plötzlich bin ich laut. Härter und gereizter, als ich es von mir kenne. Und mitten im Moment denke ich: So wollte ich niemals sein.
Viele Mütter erzählen mir genau das: „Ich war früher nicht so. Wo kommt diese Gereiztheit her? Das ist furchtbar.“ Vielleicht geht es dir ähnlich. Und vielleicht fragst du dich im Stillen, ob mit dir etwas nicht stimmt. Die ehrliche Antwort ist: Nein. Das ist keine Charakterschwäche. Kein persönliches Versagen. Es ist die logische Folge eines Systems, das sehr viel von dir verlangt – oft mehr, als ein Mensch dauerhaft leisten kann.
Warum du heute schneller gereizt bist als früher
Mutterschaft ist wunderschön. Und gleichzeitig bringt sie eine Komplexität mit sich, die viele unterschätzen, oder die einfach nicht sichtbar ist:
- Familie und Job unter einen Hut bringen.
- Mental Load, der rund um die Uhr weiterläuft, mit unzähligen neuen Aufgaben.
- Hohe Flexibilität, weil Kinder keine Pausenknöpfe haben.
- Alte Rollenbilder, neue Erwartungen, ständige Vergleiche.
- Eine Arbeitswelt, die wenig Rücksicht nimmt oder dich sogar abwertet.
- Und ein innerer Anspruch, der oft viel strenger ist als jede äußere Kritik.
Dazu kommt: In kaum einem Bereich im Leben sind die „Erfolgskriterien“ so unscharf wie in der Elternschaft bzw. Mutterschaft. Wann bin ich gut genug? Woran erkenne ich, dass ich heute eine gute Mutter war? Es gibt keine klaren neutralen Marker. Kein objektives Feedbacksystem. Nur die permanente Verantwortung für kleine Menschen, die dich lieben, dich brauchen, und deine Grenzen ungewollt immer wieder überschreiten. Wenn all das zusammenkommt, entsteht etwas ganz Natürliches: chronischer Stress.
Wenn bisherige Copingstrategien nicht mehr reichen
Coping beschreibt Art und Strategien, wie wir mit Belastungen umgehen. Vor den Kindern hat vielleicht vieles gut funktioniert: Schlaf ausgleichen, Spaziergänge, flexible Wochenenden, soziale Auszeiten, Ruhe. Doch sobald du Mutter wirst, verändern sich die Rahmenbedingungen radikal. Selbstregulation braucht Zeit, und genau diese fehlt häufig. Wenn Belastung dauerhaft zu hoch ist und die bisherigen Bewältigungsstrategien nicht mehr greifen, passiert Folgendes:
- dein Nervensystem bleibt in erhöhter Alarmbereitschaft
- dein emotionaler Spielraum wird enger
- deine Reizschwelle sinkt
- du wirst schneller unruhig, wütend und angespannt
- Kleinigkeiten werden plötzlich zu Auslösern
Diese Reaktionen sind keine „Launen“. Sie sind körperlich und psychologisch erklärbar sowie völlig normal, wenn du deine eigenen Grenzen zu lange überschritten hast.
Warum Kinder das so stark zu spüren bekommen
Kinder (vor allem kleine) können deine innere Belastung nicht deuten. Sie sind selbst noch mitten in ihrer emotionalen Entwicklung. Rücksichtnahme können sie erst mit zunehmendem Alter leisten, nicht aus bösem Willen, sondern weil das Gehirn einfach noch nicht so weit ist. Sie wollen Nähe. Sie brauchen etwas. Und sie überschreiten damit (ohne es zu wollen) oft genau jene deiner Grenzen, die ohnehin schon stark beansprucht sind.
Wenn du dann gereizt reagierst, entsteht schnell ein Teufelskreis:
- Du bist erschöpft, reagierst angespannt.
- Dein Kind reagiert auf deine Spannung – wird laut, fordernd, traurig.
- Der Stress steigt weiter, du wirst noch gereizter.
- Danach kommen: Schuldgefühle. Ein leises „Ich wollte das doch nicht.“
Und genau diese Schuldgefühle verstärken den Druck und damit wiederum die Gereiztheit. Kein Wunder, dass sich daraus mit der Zeit eine Negativ-Spirale entwickeln kann.
Was du tun kannst, um gereizte Momente zu verringern
Du bist nicht machtlos. Und du musst diesen Weg nicht allein gehen. Hier sind erste Schritte, die wirklich helfen können:
- Erkennen, was passiert, ohne Selbstvorwürfe
Schon dass du diesen Text liest, zeigt: Du willst mehr darüber verstehen. Das ist der erste, wichtigste Schritt. - Beobachten, was dich besonders reizt
Welche Situationen triggern dich? Zeitdruck? Lautstärke? Perfektionismus? Sich wiederholende Fragen? Manchmal lohnt es sich, das ein paar Tage aufzuschreiben. - Stressoren identifizieren und reduzieren
Gerade Mütter unterschätzen, wie viel Last sie tragen. Kleine Veränderungen (mehr Übergangszeit, weniger To-dos, weniger Ansprüche) machen oft überraschend viel aus. - Innere Einstellungen prüfen
Musst du wirklich alles schaffen? Musst du immer geduldig sein? Darfst du wirklich keine Pausen machen? (Spoiler: Die Antwort ist nein.) - Entspannung ermöglichen im Rahmen deiner Realität
Keine perfekte Morgenroutine. Keine stundenlangen Rituale. Sondern das, was für dich machbar ist: kurze Atempausen, kleine Inseln, ein paar Minuten draußen, eine regelmäßige Auszeit.
Du musst das nicht allein tragen
Wenn du merkst: Ich brauche jemanden, der mit mir sortiert. Ich will raus aus dieser Spirale – für mich und für meine Kinder, dann bist du in meinem 1:1-Coaching oder im Stresskurs für Mütter genau richtig. Wir schauen gemeinsam:
- was dich wirklich überlastet
- wie du deine Reizschwelle wieder erhöhst
- wie du emotionale Flexibilität zurückgewinnst
- wie du aus der Schuldspirale aussteigst
- wie dein Alltag leichter und freundlicher werden kann
Du verdienst mehr Leichtigkeit. Und deine Kinder verdienen eine Mama, die wieder atmen kann. Nicht, weil sie perfekt ist, sondern weil sie sich selbst wichtig nimmt.
Weiterführende Links:
- KKH-Pressemitteilung „Elternstress 2024“ – Forsa-Ergebnisse im Auftrag der KKH, Befunde zu Stressfaktoren und erhöhtem Stresslevel bei Eltern, Link: https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/elternstress2024
- Make Mothers Matter – „State of Motherhood in Europe 2024“, Großes Survey-Reporting über die Situation von Müttern in Europa: mentale Belastung, Vereinbarkeit, fehlende Anerkennung.
Webseite (Report-Übersicht): https://makemothersmatter.org/mmm-state-of-motherhood-in-europe-2024/
Direktes PDF (Report): https://makemothersmatter.org/wp-content/uploads/2025/03/MMM-State-of-Motherhood-in-Europe-2024.pdf
Foto: Unsplash, Vitaly Gariev
